Im ersten Moment ist die Diagnose „Chronische Nierenerkrankung“ für die meisten Katzenhalter ein Schock. Heilbar ist diese schwere Erkrankung nicht. Trotzdem kannst du einiges dafür tun, dass es deiner Katze noch eine Zeit lang gut geht – wenn die Krankheit rechtzeitig entdeckt wird.
Welche Aufgaben haben die Nieren?
Die Nieren deiner Katze haben viele wichtige Aufgaben: Die Nieren filtern das Blut. Sie sorgen dafür, dass Abfallprodukte und Giftstoffe über den Urin aus dem Körper befördert werden. Außerdem regulieren die Nieren den Elektrolyt- und Wasserhaushalt.
Sie haben Einfluss auf den Blutdruck und produzieren Hormone wie Kalzitriol – wichtig für den Calcium-Haushalt – und Erythropoietin (Blutkörperchen-Synthese).
Wenn die Nieren nicht mehr richtig arbeiten, kommt es zu einer schleichenden Vergiftung.
Definition: Was bedeutet „Chronische Niereninsuffizienz“ (CNI)?
Der lateinische Begriff „Insuffizienz“ bedeutet „Unfähigkeit“. Die Nieren deiner Katze sind – vereinfacht gesagt – nicht mehr in der Lage, ihre Aufgabe in vollem Umfang zu erfüllen. Wenn der Tierarzt die Diagnose stellt, sind zwei Drittel der Nieren deiner Katze bereits irreparabel geschädigt.
Manche Experten sprechen nicht mehr von einer „chronischen Niereninsuffizienz“, sondern von einer „chronischen Nierenerkrankung“ (CNE). Beide Begriffe bedeuten dasselbe.
Welche Symptome zeigen eine chronische Nierenerkrankung bei Katzen?
Die Erkrankung entwickelt sich schleichend. Entscheidend ist, dass du schnell eingreifst.
Achte auf folgende 7 Symptome:
- Deine Katze wirkt müde und kraftlos oder sogar apathisch. Sie schläft viel und ist nicht mehr so spielfreudig und interessiert wie früher.
- Deine Fellnase verliert Gewicht. Bei langhaarigen Katzen verschwindet möglicherweise der prächtige Kragen. Insgesamt erscheint ihr Körper hager. Die Augen wirken riesig. Dadurch wirkt deine Katze anorektisch.
- Auffällig ist ein gesteigerter Durst: Deine Katze trinkt viel und setzt entsprechend große Mengen Urin ab.
- Oft kommt es zu wiederholten Infektionskrankheiten wie Erkältungen oder Blasenentzündungen.
- Vielleicht fällt dir ein intensiver Mundgeruch auf. (Achtung: Das kann auch auf eine Zahnkrankheit wie FORL zurückzuführen sein!)
- Das Zahnfleisch deiner Katze sieht vielleicht gerötet aus. Eventuell ist es auch ungewöhnlich blass. Das deutet auf eine Anämie hin.
- Schuppige Haut und struppiges, stumpfes, kraftloses Fell sind ebenfalls Signale für eine Nierenerkrankung.
Alles in allem können die Symptome auch zu anderen Erkrankungen gehören. Darum ist es wichtig, dass du deine Fellnase zum Tierarzt oder in eine Tierklinik bringst.
Warum wird eine chronische Nierenerkrankung bei Katzen so spät entdeckt?
Erst, wenn bereits zwei Drittel des Nierengewesen kaputt sind, zeigt sich die Erkrankung im Blut. Sie entwickelt sich schleichend. Darum erkennen viele Halter erst spät, dass mit ihrer Katze etwas nicht stimmt.
Aber du kannst etwas tun: Lass mindestens einmal pro Jahr ein großes Blutbild machen. Dabei lässt du den SDMA kontrollieren. Das musst du explizit dazu sagen. Dieser Wert steigt bereits an, wenn ungefähr 30 Prozent der Nieren nicht mehr korrekt arbeiten.
Wenn du dann sofort eingreifst, kannst du deiner Katze deutlich schneller helfen und ihr Leben verlängern.
Zum Vergleich: Harnstoff- und Kreatininwerte steigen erst, wenn zwei Drittel der Nierenfunktion ausgefallen sind.
Wie stellt der Tierarzt eine CNI fest?
Eine chronische Niereninsuffizienz kann dein Tierarzt nicht nur über eine Blutuntersuchung feststellen. Aber damit beginnt in den meisten Fällen die Spurensuche. Zeigen sich Auffälligkeiten im Blut, sind weitere Untersuchungen nötig.
Was zur Diagnostik einer CNI gehört:
- Blutuntersuchung (inklusive SDMA, spez fPL, Fructosamin und T4)
- Ultraschall der Nieren
- Harnuntersuchungen: Harnstatus, spezifisches Gewicht des Urins, Kristalldiagnostik, Protein-Kreatinin-Quotient
- Blutdruckmessung
1. Blutuntersuchung
Lass am besten ein Geriatrisches Profil inklusive SDMA machen. Hast du einen älteren Stubentiger? Dann sind auch der Fructosamin zum Ausschluss von Diabetes und der T4-Wert zum Ausschluss einer Schilddrüsenüberfunktion sinnvoll.
Im Rahmen der Blutuntersuchung sollte außerdem die spez fPL (feline Pankreaslipase) gesondert bestimmt werden. Die meisten Tierärzte machen zur Untersuchung der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) nur einen Schnelltest. Dieser ist aber zu ungenau.
Nur eine Laboruntersuchung verschafft dir Klarheit. Bauchspeicheldrüsenentzündungen bleiben bei Katzen oft unerkannt. Unsere tapferen Tiger sind Weltmeister darin, intensivste Schmerzen zu verbergen. Wenn eine Katze Schmerzlaute von sich gibt, leidet sie Höllenqualen, die sie nicht mehr verbergen kann.
Auch Tierärzten bleibt das stille Leiden der Katzen oft verborgen. Darum besteh bitte auf Daten und Fakten. Laborergebnisse zeigen, wie es wirklich um deinen Liebling steht.
Liegt eine Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) vor, solltest du auf fettarmes Feuchtfutter mit unter 5 Prozent Fett zurückgreifen.
2. Ultraschall der Nieren
Bei einem Ultraschall prüft der Tierarzt die Größe und Form der Nieren deiner Katze. Er kontrolliert, ob Zysten oder andere Schäden zu erkennen sind.
3. Harnuntersuchungen
Hier sind Laboruntersuchungen nötig. Teststreifen liefern bei Katzen keine zuverlässigen Ergebnisse.
- Die Harndichte zeigt, ob die Nieren den Urin noch richtig konzentrieren können.
- Es wird geprüft, ob Harnsteine vorliegen.
- Außerdem wird der Urin pH-Wert bestimmt.
- Über den Protein/Kreatinin-Quotienten kann festgestellt werden, ob eine Proteinurie (Ausscheidung von Eiweiß im Urin) vorliegt.
4. Blutdruckmessung
Oft leiden Katzen mit einer chronischen Niereninsuffizienz unter erhöhtem Blutdruck. Aber nicht immer. Lass das unbedingt mehrfach kontrollieren. Davon hängt die Medikation ab, die der Tierarzt für dein Tier auswählt.
Ohne eine Blutdruckmessung und die Sicherheit, dass deine Fellnase tatsächlich zu hohen Blutdruck hat, darf deine Katze beispielsweise kein Semintra. Darauf kommen wir etwas später noch einmal zurück, wenn es um die Medikamente bei CNI geht.
Wie verläuft die CNI bei Katzen?
Experten unterscheiden bei einer chronischen Nierenerkrankung 4 Stadien. Du kannst den Verlauf der CNI verlangsamen, wenn du auf die Ernährung deiner Katze achtest und sie mit Medikamenten unterstützt. Dazu kommen wir gleich!
Die vier Stadien der CNI:
- Stadium 1: Beginnende Niereninsuffizienz. Das Kreatinin liegt noch im Normalbereich. Es gibt keine Auffälligkeiten bei Verhältnis von Eiweiß und Kreatinin. Deine Katze zeigt noch keine Symptome einer Nierenerkrankung.
- Stadium 2: Frühes Nierenversagen. Das Kreatinin ist leicht erhöht. Das Verhältnis von Eiweiß und Kreatinin ist verändert. Manche Katzen zeigen nun erste Symptome. Beispielsweise trinken sie mehr.
- Stadium 3: Urämisches Nierenversagen. Das Kreatinin ist deutlich erhöht, ebenso das Eiweiß/Kreatinin-Verhältnis. In diesem Stadium zeichnet sich die Erkrankung deutlich im Blut ab. Drei Viertel des Nierengewebes sind bereits zerstört. Deine Katze trinkt nun mehr, setzt viel Urin ab. Gleichzeitig frisst sie weniger, verliert Gewicht und sieht ausgezehrt und mager aus.
- Stadium 4: Nierenversagen im Endstadium. Kreatinin und das Eiweiß/Kreatinin-Verhältnis sind stark erhöht. In diesem Stadium der Erkrankung kann deine Fellnase keinen Harn mehr bilden. Es kommt zu Kämpfen und Erbrechen. Vermutlich verweigert deine Katze das Futter.
Wo ist der Unterschied zwischen einer akuten und einer chronischen Niereninsuffizienz?
„Akut“ bedeutet, dass die Nierenerkrankung erst seit kurzer Zeit besteht. Schnelles Handeln ist hier nötig. Es besteht Lebensgefahr für deine Katze! Ein Tierarzt kann deine Samtpfote mithilfe von Infusionen unterstützen und die Nierenfunktion komplett wiederherstellen.
Bei einer chronische Nierenerkrankung handelt es sich um einen schleichenden, fortlaufenden Prozess. Das erkrankte Nierengewebe wird durch Bindegewebe ersetzt. Dadurch schrumpfen die Nieren deiner Katze. (Das sieht der Tierarzt im Ultraschall!) Das zerstörte Gewebe lässt sich nicht regenerieren.
Am Ende versagen die Nieren deiner Katze. Darum ist die Diagnose „CNI“ ein Todesurteil. Du kannst die Krankheit nicht heilen, aber verzögern.
Das Ziel sämtlicher therapeutischer Maßnahmen besteht darin, die Nierenfunktion, die noch vorhanden ist, so lange wie möglich zu erhalten.
Wie kann ich die Nierenerkrankung meiner Katze aufhalten?
Du kannst eine Menge tun, um deine nierenkranke Katze zu unterstützen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Schaffe ihr ein liebevolles, ruhiges Umfeld. Stress solltest du von ihr fernhalten.
Euch bleibt möglicherweise nicht mehr viel gemeinsame Zeit. Nutze diese so gut du kannst. Verbringe schöne Momente mit deinem vierbeinigen Liebling. Streichel- und Spieleinheiten gehören ebenso dazu wie ausgiebige Kuscheleinheiten.
Du brauchst auch viel Geduld. Manchmal möchte deine Katze vielleicht nichts essen. Dann darfst du nicht die Nerven verlieren.
Wichtig sind diese drei Bausteine:
- Medikamente und Homöopathie
- Ernährung
- Infusionen
Medikamente und Homöopathie
Bei etwa 60 Prozent aller Katzen, die unter einer CNI leiden, ist der Blutdruck zu hoch. Lass also unbedingt den Blutdruck beim Tierarzt regelmäßig prüfen. Dabei sollte mehrfach gemessen werden. Bedenke: Deine kleine Fellnase ist gestresst und aufgeregt. Keine Katze geht gern zum Tierarzt. Das verfälscht die Werte.
Semintra
Liegt erhöhter Blutdruck vor? Dann kommt eventuell Semintra infrage. Bitte achte darauf, dass dein Tierarzt erst den Blutdruck mehrfach misst und den Eiweißgehalt im Urin deiner Fellnase kontrolliert. Viele Tierärzte geben sofort Semintra, ohne das zu prüfen.
Semintra ist ein Blutdrucksenker. Hat deine Katze keinen erhöhten Blutdruck, sinkt er durch die Gabe von Semintra zu stark ab. Das lässt den Druck im Nierengewebe sinken. Ohne einen gewissen Druck werden die Nieren aber nicht ausreichend durchblutet.
Darum muss der Blutdruck vor, während und nach der Gabe von Semintra geprüft werden. Besorg dir am besten ein Blutdruckmessgerät für Katzen und kontrolliere den Blutdruck zu Hause.
SUC-Therapie
Bei der SUC-Therapie handelt es sich um homöopathische Mittel. Dabei bekommt deine Katze drei Präparate in Kombination:
- Solidago compositum ad us. vet.,
- Ubichinon compositum ad us. vet. und
- Coenzyme compositum ad us. vet.
Die Anfangsbuchstaben der Mittel ergeben das Kürzel SUC. Diese Präparate bekommst du beim Tierarzt, aber auch auf dem freien Markt. Bei der Verabreichung hast du die Wahl, ob die sie spritzen oder oral geben möchtest.
Lass dich von deinem Tierarzt dazu beraten oder wende dich direkt an den Hersteller.
Renes/Viscum comp.
Renes/Viscum von PlantaVet ist ebenfalls ein homöopathisches Mittel, das unterstützend bei chronischer Niereninsuffizienz eingesetzt werden kann.
Ernährung
Wichtig ist, dass du den Phosphorwert im Blut senkst. Das erreichst du durch eine phosphorarme Kost beziehungsweise mithilfe eines Phosphatbinders. Wähle Feuchtfutter mit einem Calcium-Phosphorverhältnis von 1,5 : 1.
Am besten ziehst du deinen Ernährungsberater für Katzen, einen Tierheilpraktiker oder Tierarzt, der auf Katzen-Ernährung spezialisiert ist, hinzu.
Eine CNI-Katze kannst du auch BARFen. Dafür solltest du dir Futterpläne erstellen lassen, die genau auf die Bedürfnisse deiner Katze abgestimmt sind.
Empfehlenswertes Futter bei chronischer Niereninsuffizienz
Wähle am besten Feuchtfutter mit einem Fleischanteil von über 65 Prozent. Es sollte möglichst wenig Gemüse (weniger als 7 Prozent) und keinen Zucker enthalten. Manchmal versteckt sich Zucker hinter Zutaten wie Karamell, Rübentrockenschnitzel, Melasse, Dextrose, Glucose oder Inulin. All das sollte sich ebenfalls nicht im Feuchtfutter für deine nierenkranke Katze befinden.
Auch Farb- und Konservierungsstoffe sowie Aromastoffe, pflanzliche Nebenerzeugnisse und pflanzliche Eiweiße sind No-Gos.
Kontrolliere die Deklaration!
Wichtig ist ein Calcium-Phosphorverhältnis von 1,5 : 1. Gib einen Phosphorbinder (nach Anleitung) mit ins Futter. Im Handel bekommst du Phosphatbinder wie Ipakitine, Renaltan, Recoaktiv Renaltan oder Pronefra. Sprich mit deinem Tierarzt, welcher sich am besten für dein Tier eignet.
Meide Trockenfutter! In den meisten Fällen steckt genau das voller Kohlenhydrate, Zucker und pflanzlicher Stoffe.
Beispiele für hochwertiges Feuchtfutter aus dem Zoofachhandel (A – Z):
- Anifit
- Animonda vom Feinsten
- Catz FineFood
- GranataPet
- Grau Schlemmertöpfen getreidefrei
- Leonardo
- MAC’s
- MjamMjam
- Sandras Schmankerl
Infusionen
Dein Tierarzt kann regelmäßig subkutane ( = unter die Haut) Infusionen geben. Du kannst diese aber auch zu Hause selbst verabreichen. Das erfordert ein bisschen Übung. Dein Tierarzt zeigt dir, wie du dabei vorgehen musst.
Mit Infusionen lassen sich die erhöhten Nierenparameter senken.
Durch den Harnstoff fühlt sich deine Katze nicht wohl. Vielleicht leidet sie unter Übelkeit oder sie übergibt sich. Es ist die Aufgabe der Nieren, den Harnstoff auszuscheiden. Gelingt das nicht mehr, wird der an Harnstoff gebundene Ammoniak freigesetzt. Das kannst du im Atem deiner Katze deutlich riechen.
Mit Infusionen verdünnst du das Blut. Das spült die Nieren und hilft dabei, die Giftstoffe aus dem Körper zu holen. Außerdem wirken sie dem Austrocknen deiner Katze entgegen.
Tierärzte raten meistens bei einem Kreatininwert von 3,5 bis 4 mg/dl bzw 300 bis 350 μmol/L zu Infusionen. Die Menge sollte bei 75 bis 100 ml liegen. Hast du eine kleine Katze? Oder liegt bei deiner Fellnase eine Herzerkrankung oder eine Anämie vor? Dann ist eine geringere Menge von 50 ml vermutlich besser. Lass dich dazu von deinem Tierarzt beraten!
Am besten suchst du nach einem Spezialisten für Nierenerkrankungen. Bei einer so schweren, ernsten Erkrankung ist dein Haustierarzt möglicherweise nicht unbedingt der optimale Ansprechpartner.
Fazit
Eine chronische Nierenerkrankung beziehungsweise chronische Niereninsuffizienz ist nicht heilbar. Wenn deine Fellnase diese Diagnose bekommt, kannst du trotzdem einiges tun, um die Lebensqualität deiner Katze zu verbessern. Mithilfe von Medikamenten, homöopathischen Mitteln, einer phosphatarmen Ernährung und Infusionen bleiben euch im Idealfall trotzdem noch viele schöne gemeinsame Jahre.